Freitag, 20. Juni 2014

Elodie auf meine Art - ein kleiner Workshop (Teil IV)

So, heute machen wir endlich eine Elodie aus den Einzelteilen. Das Foto der fertigen Elodie stelle ich mal als kleinen Anreiz zum Weiterlesen und -nähen an den Anfang des Posts:


Wenn wir Ober- und Unterteil aneinanderlegen, stellen wir fest, dass die untere Kante des Oberteils (rot nachgezeichnet) viel länger ist als die Oberkante des Rockteils (blau nachgezeichnet). Ich habe mal nachgemessen: Das Rockteil ist 62cm breit, das Oberteil 112cm.
Wenn ich die Breite des Oberteils durch die Breite des Rockteils dividiere, erhalte ich den Faktor 1,8 (gerundet natürlich). Das ist dann auch der Wert, den ich beim Differenzialtransport der Overlock einstelle, bevor ich nun die Unterkante des Oberteils einkräusele und versäubere.
Wenn das getan ist, stecke ich das Oberteil mit vielen Stecknadeln auf das Rockteil.
Dann nähe ich mit der Nähmaschine die  zwei Teile zusammen. Wenn das geschehen ist, sieht es schon sehr nach Elodie aus, finde ich ;-)
Die Nahtzugaben werden dann nach unten gebügelt und von der rechten Seite des Kleides her schmalkantig festgesteppt.

So, und jetzt kommt die Königsdisziplin, der Reißverschluss. Ich muss zugeben, dass ich vor diesem Arbeitsschritt lange einen gehörigen Respekt hatte. Ich befürchtete (nicht immer zu Unrecht), dass ich kurz vor knapp ein bis dahin gut gelungenes Werk ruinieren könnte.
Ich habe auch schon Elodies ganz ohne Reißverschluss genäht. Das geht, man kann sie auch so an- und ausbekommen - aber bequem ist anders. Und gerade, wenn eine kleine Maus noch etwas Babyspeck aufweist, dann wird das zuweilen schon ein schlimmes Gezerre. Es hilft also alles nichts, ein Reißverschluss muss rein.
Ich verwende ganz normale Reißverschlüsse für Kleider und Röcke. Die Länge sollte man nicht zu knapp bemessen, lieber ist der Reißverschluss etwas zu lang als zu kurz. Hier habe ich für Größe 110/116 einen 25cm langen Reißverschluss verwendet.
Es gibt viele  Möglichkeiten, Reißverschlüsse in ein Kleidungsstück einzunähen. Dies hier ist weder die einzige, noch erhebt sie den Anspruch, die beste zu sein. Ich komme aber mit dieser Methode am besten zurecht (und ich habe viele probiert!) und mag es ganz besonders, dass auf der Außenseite des Kleides keine Nähte zu sehen sind.

Als erstes wird ein Reißverschlussband rechs auf rechts auf die offene Kante des Kleides gesteckt. Die Stecknadeln (mengenmäßig nicht sparen!) sollten dabei nicht längs, sondern quer gesteckt werden.

Ich gebe es zu, ich bin keine große Freundin von gehefteten Nähten. Aber bei Reißverschlüssen ist das unabdingbar. Erst mit vielen Nadeln sorgfältig stecken, dann mit möglichst kleinen Stichen heften. Dabei sollte hier recht knapp an den Zähnchen des Reißverschlusses entlang geheftet werden.
Wichtig ist dabei, dass die unteren 3-4 cm des Reißverschlusses lose bleiben, also nicht festgeheftet werden.
Dasselbe macht man dann auch mit dem zweiten Reißverschlussband an der anderen offenen Kante des Kleides.
Bevor jetzt genäht wird, muss man unbedingt den Reißverschluss vorsichtig zuziehen, um zu kontrollieren, ob alles schön passt.
Witzigerweise hat es bei meinem ersten Versuch hier nicht gepasst: Die Übergänge von Rockteil zu Oberteil stimmen hier nicht so gut aufeinander, wie ich es gerne hätte. Dann hilft alles nichts: Der Reißverschluss muss an einer Kante nochmal neu gesteckt und geheftet werden.
Die erneute Kontrolle zeigt: Der Zeitaufwand für einen zweiten Versuch hat sich gelohnt, jetzt sieht das viel schöner aus!
Nun wird genäht. Meine Nähmaschine hat ein ganz, ganz tolles Reißverschlussfüßchen. Einziges Problem: Ich kann damit keinen Reißverschluss vernünftig einnähen. Also verwende ich das Standardfüßchen. Die Zähnchen laufen in der Führungsrille, die Naht setze ich so knapp wie möglich daneben. Aber aufpassen, dass man nicht über die Zähnchen näht, sonst hakt der Reißverschluss später. Genäht wird nur so weit, wie vorher geheftet wurde, die unteren 3-4 cm des Reißverschlusses bleiben immer noch lose!
Danach setze ich eine zweite Naht etwas weiter von den Zähnchen entfernt, damit das Reißverschlussbändchen ordentlich an der Kante des Kleides fixiert ist und nichts absteht.
Damit ich alle Abstände auf beiden Seiten exakt gleich hinbekomme, wird eine Seite von oben nach unten, die andere von unten nach oben genäht - natürlich mit denselben Einstellungen.
Die Heftfäden werden nun entfernt, der Reißverschluss sorgfältig ausgebügelt - keine Angst, Reißverschlusszähnchen schmelzen nicht so schnell ;-)
Damit der Übergang von Reißverschluss zu hinterer Mittelnaht sauber gelingt, bügle ich zuerst die Nahtzugaben der offenen Kanten um...
 ... und stecke dann die offene Naht an der Bügelkante zusammen. Dort wird dann auch entlanggenäht, es bleibt immer noch eine Lücke von ca. 2cm zwischen Ende der Reißverschlussnaht und Beginn der hinteren Mittelnaht.
 Die hintere Mittelnaht wird auseinandergebügelt, erst von innen...
...dann von außen.
Der hier eingezeichnete rote Strich zeigt, wo ich eine kleine Quernaht setze, um die Lücke zu schließen und den Reißverschluss an der hinteren Mittelnaht zu befestigen.
So sieht das dann aus, wenn es fertig ist:
Der Reißverschluss ist sauber eingenäht und es stört keine unschöne Naht auf der Außenseite.

Und wenn wir schon so weit sind, können wir die Elodie auch gleich fertigstellen, oder? 
Zunächst muss das Kleid noch gesäumt werden. Bei einem so weit schwingenden Rock muss man den Saum ganz schmal umklappen, feststecken, bügeln, nähen und nochmal bügeln.


Und dann brauchen wir noch die Bindeschleife zur Weitenregulierung. Diese wird an der Längskante im Bruch gefaltet, gesteckt und zusammengesteppt. Zwischen den beiden quer gesteckten Stecknadeln liegt meine Wendeöffnung.

Vor dem Wenden werdennoch die Ecken schräg abgeschnitten...
...und nach dem Wenden das Bügeln nicht vergessen ;-)
Die Wendeöffnung schließe ich per Hand mit dem Matratzenstich, das ist so gut wie unsichtbar.
Damit die Bindeschleife nicht verlorengeht oder auf den Boden hängt, fixiere ich sie an den Seitennähten des Kleides direkt unter dem Oberteil mit der Nähmaschine. Dort, wo die Stecknadeln stecken, wird später entlanggenäht.

Und fertig ist der Mädchentraum, eine unglaublich weit schwingende Elodie. Damit man die Weite des Rockes erahnen kann, klebe ich die Elodie mal an meiner Zimmertür fest ;-)
Und so gebe ich das Kleid nächste Woche an meine Kollegin bzw. ihre kleine Tochter weiter. Ich bin schon soooo gespannt, ob das Kleid gefällt und passt!

6 Kommentare:

  1. Danke fürs zeigen...vor allem die reissverschluss-sache...ich versuche mich grade an einem anderen kleid und hab nun festgestellt ....oh schreck....da muss auch einer rein. Ich hoffe dank dir traue ich mich morgen vielleicht...

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  2. Nur zu, Stoffe und Reißverschlüsse beißen nicht ;-)
    Mit viel Geduld, Stecknadeln und sorgfältigem Heften vor dem Nähen sollte das schon funktionieren!

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  3. Vielen lieben Dank für diese Elodie Posts. Dienstag kam der Schnitt bei mir an und abgepaust ist es auch schon - jetzt muss ich mich nur noch ans Zuschneiden setzen ;o)
    Ich hoffe ihr habt euer Kurzurlaub genossen!
    LG, Nessi

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  4. Oh ja, haben wir! Das war eine sehr wohltuende Pause vom Alltag, bevor es jetzt noch einmal ein paar Wochen lang in die Vollen geht. Ich bin schon gespannt auf deine Elodie!
    Ich hoffe, du zeigst mal Bilder?

    Liebe Grüße

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  5. Ich habe schon einige Elodie Anleitungen durchforstet, aber diese hier ist absolut die Beste!! Damit hab auch ich es endlich geschafft, eine Elodie fürs Tochterkind zu nähen, vielen lieben Dank für die Mühe und die wirklich spitzenmässige Anleitung!!

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  6. Danke für den reißverschluss. Die erste ist quer durchs zimmer geflogen. Mit dejner erklärung bin ich zuversichtlich, dass es diesmal prima klappt. Muss auch. Ist der gute stoff!

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